Einleitung
Unser «Miteinander für Europa» und für die Schweiz ist gelebte Gemeinschaft unter selbständigen Bewegungen und Gemeinschaften mit unterschiedlichen Charismen und Strukturen. Wir glauben, dass so unter uns Wirklichkeit wird, was Jesus verheissen hat: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Mt 18.20). Der Wunsch Christi ist uns klares Ziel:
Unsere Gemeinschaften leben aus dem Bündnis der gegenseitigen Liebe im Sinne der Worte Jesu: Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. (Joh. 13.34)
Wir dürfen Jesus in der Welt bezeugen durch unser Mitwirken im «Eins- Werden des Volkes Gottes».
In der Treue zu diesem Bündnis der gegenseitigen Liebe erhält das Bemühen um Einheit durch das Miteinander eine neue Dimension und neue Impulse, und wird somit zum Zeugnis in Kirche und Gesellschaft.
Immer sind wir in pfingstlicher Erwartung, dass der Heilige Geist uns neu entzündet und beflügelt. Er bewirkt, dass wir uns in unserer Muttersprache (vgl. Ap 2.6) hören und verstehen, wie wir Gottes grosse Taten verkünden (Ap 2.11). Wir leben aus der Verheissung Christi: Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. (Joh 14.26, auch 15.26.) Der Hl. Geist bewirkt, dass wir Christus in allem den Vorrang geben (vgl. Kol 1.18) und dass wir beherzigen, was der Apostel Paulus schreibt: Wenn du mit deinem Mund bekennst «Jesus ist der Herr» und in deinem Herzen glaubst «Gott hat ihn von den Toten auferweckt», so wirst du gerettet werden (Röm 10.9).
1. International eingebunden
Wir sind international verbunden und verstehen uns als Teil des «Miteinander für Europa». Unsere Geschichte ist nur verstehbar im Zusammenhang mit den grossen Initiativen Stuttgart I und Stuttgart II. Die christliche Seele Europas zu stärken ist unser gemeinsames Anliegen.
Zwei Dokumente leiten uns dabei:
1.1. Das siebenfache JA von Stuttgart II (12. Mai 2007) (1)
- Ja zum Leben
- Ja zu Ehe und Familie
- Ja zur Schöpfung
- Ja zu einer Wirtschaft, die sich an der Würde des Menschen orientiert
- Ja zur Solidarität mit den Armen
- Ja zum Frieden
- Ja zur Verantwortung für unsere Gesellschaft
1.2. Grundlagen für das Miteinander christlicher Bewegungen und Gemeinschaften (vollständiger Text vom 11.11.2009 im Anhang) (2)
- Geist
- Kultur der Zusammenarbeit
- Trägerkreis «Miteinander für Europa»
- Leitungskomitee
2. National wirksam
Was auf internationaler Ebene allgemeiner Konsens ist, können wir auf nationaler Ebene anwenden und konkreter werden lassen.
Diese Chance haben wir bis jetzt in drei konzentrischen Kreisen wahrgenommen:
- In der Spurgruppe – wir besuchen einander und suchen gemeinsam Wege des konkreten
- In Treffen der Verantwortlichen von Bewegungen und Gemeinschaften – «Montmirail» steht dafür.
- In Gross-Treffen der Freunde und Interessierten von: Miteinander auf dem Weg – «Baar» steht dafür.
2.1. Ziel - Weg – Strategie - Methode
2.1.1. Ziel
Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Joh 17.21
Unser grosser Auftrag ist der Dienst an der Ausbreitung des Reiches Gottes.
Die Einheit ist unsere Sehnsucht und unser Ziel, damit wir so der Welt Zeugnis geben.
Wir verstehen uns als «Pioniere der Verträglichkeit» und helfen dadurch, dass die Einheit als versöhnte Vielfalt erfahren wird und so zur «entlastenden Vielfalt» wird. In dieser Haltung dürfen wir «Reichtum teilen».
Unser Leben und Wirken ist ein Beitrag an die Gesellschaft in der Schweiz.
2.1.2. Weg
Beides erleben wir und ist wahr:
Wir sind auf dem Weg zum Ziel und gleichzeitig leben und erleben wir auf dem Weg schon das Ziel.
Durch den Abbau von Vorurteilen und durch gegenseitiges Wohlwollen und Wertschätzen bewirken wir, dass die je eigenen Charismen (3) zum Leuchten kommen und erfahren uns in gegenseitiger Ergänzung. Die Begegnungen in konzentrischen Kreisen Spurgruppe, Verantwortliche (Montmirail), Freunde und
Interessierte (Baar) ermöglichen, dass sich Erfahrungen vertiefen und verbreiten.
2.1.3. Schritte
Unser Leben und Wirken vollzieht sich in drei Schritten:
2.1.3.1. Kennen
Das gegenseitige Kennenlernen der Gemeinschaften und Personen in Einheit und Verschiedenheit fördert ein Klima der Wertschätzung und Achtung. Wir nehmen einander als Menschen wahr, denen es um Christus geht. Indem wir die Andersartigkeit der Andern wahrnehmen und schätzen,
gewinnen wir Impulse für die eigene Gemeinschaft. Das gemeinsame Beten reinigt uns von einer verzerrten Wahrnehmung des eigenen Charismas und von Vorurteilen gegenüber den andern.
2.1.3.2. Teilen
Wir teilen vor allem das Wort Gottes miteinander. Wir helfen einander auf Seine Stimme zu hören und Seinen Willen zu tun.
Wir stärken uns in der Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe.
Durch den Erfahrungsaustausch inspirieren wir uns gegenseitig und ermutigen uns zu neuen Schritten. So fördern wir den Zusammenhalt. Gemeinsame Anlässe verstärken unsere Ausstrahlung. Wo es nötig ist, sind wir einander Fürsprecher und setzen uns ein für Wahrheit und Gerechtigkeit.
2.1.3.3. Weitergeben
Durch Treffen und Tagungen fördern wir die Bewusstseinsbildung.
Wir helfen einander die Zeichen der Zeit zu erkennen und auf die aktuellen Fragen situationsgerechte Antworten zu geben.
Was wir im kleinen Kreis als hilfreich und anregend erfahren, kann in den je grösseren Kreis inspirierend und wegweisend weiter wirken.
2.1.4. Methode
Quer durch die Treffen achten wir situationsgemäss auf die Ausgewogenheit der drei Bereiche «Kopf (kognitiv), Herz (emotiv) und Hand (operativ)».
2.1.4.1. Kognitiv - Kopf
Das Einander tiefer Kennenlernen in Gespräch und Mahl- Gemeinschaft ist das eine. Das Bemühen um ein klares Wissen, geschichtlich, philosophisch-theologisch ist das andere. Entsprechend arbeiten wir auch themenzentriert.
2.1.4.2. Emotiv - Herz
Gemeint ist das gemeinsame Beten, Singen, Feiern, Bitten und Loben, um unserer Freude und Dankbarkeit vor Gott Ausdruck zu geben. Er hat uns bis heute geführt und zeigt uns den weiteren Weg.
2.1.4.3. Operativ - Hand
Wir ermutigen uns, weiter zu geben, was wir im Miteinander erlebt haben. Dieses Weitergeben verlangt eine sorgfältige Vorbereitung der vorgesehenen Treffen.
2.2. Spurgruppe Schweiz
(Die wörtlichen Zitate aus dem 2. Testament sind der „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift“ Stuttgart 1980 entnommen.)
1. November 2009
Seit 1999 gehen Verantwortliche christlicher Bewegungen und Gemeinschaften – vom Heiligen Geist gedrängt und vereint im Namen Jesu – einen gemeinsamen Weg. Die verschiedenen Etappen des bislang zurückgelegten Weges lassen erkennen, dass Gott es war, der die Schritte gelenkt hat. Sie weisen zudem auf die Besonderheiten dieses Miteinanders, die auch für die Zukunft Gültigkeit haben.(4)
I. Geist
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Im Hören auf das Evangelium sind wir zu dem Bündnis der gegenseitigen Liebe nach dem neuen Gebot Jesu (5) geführt Es ist Grundlage dieses Miteinanders.
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Die gegenseitige Liebe lässt die Gegenwart Christi gemäß seiner Verheißung erfahren: «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen» (6). Das ist der eigentliche Sinn jeder Begegnung oder gemeinsamen Aktion: Jesus in unserer Mitte.
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Eine Frucht solcher Liebe ist, dass sie die Charismen der anderen Bewegungen und Gemeinschaften ins Licht rückt, die Gaben Gottes also, aus denen heraus und für die jede Bewegung oder Gemeinschaft Diese Liebe ist bereit, die Lasten der anderen zu tragen und den anderen höher zu achten als sich selbst. (7) Sie lässt uns als Versöhnte leben: im Vergeben und in der Bitte um Vergebung. Das gilt für die persönlichen Beziehungen, aber auch für die Beziehungen zwischen Bewegungen und Gemeinschaften sowie mit den Kirchen.
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Diese Liebe hilft Vorurteile zu überwinden, öffnet Herz und Seele für die Erfahrungen der anderen mit Gott und sie schafft unter Männern und Frauen von verschiedenen Bewegungen und Gemeinschaften zweckfreie, geschwisterliche (8)
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Jede Bewegung oder Gemeinschaft hat ihre spezielle Die Charismen, die Gott ihnen anvertraut hat, sind Seine Antwort auf die Bedürfnisse der Menschen.(9) Jedes ist wie ein Lichtstrahl des Heiligen Geistes in eine spezielle „Nacht“ der heutigen Zeit. (10)
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Im ersten Brief an die Korinther (11) beschreibt Paulus, wie die Beziehungen zwischen den Charismen sein sollen, damit Christus sichtbar Es zählen weder Größe noch Ausdehnung einer Bewegung oder Gemeinschaft sondern die Tatsache, dass sie Trägerin einer Gabe des Geistes ist und dass sie mit den anderen in Beziehung steht.
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Die Bewegungen und Gemeinschaften, die an diesem Miteinander teilhaben, sind vor allem Ausdruck der Laien im Volk Gottes.
II. Erfahrungen und Kultur der Zusammenarbeit
- Unser gemeinsamer Weg ist bestimmt vom Hören auf das Wort Miteinander wollen wir in unserer Zeit das Evangelium leben und bezeugen
- Das Miteinander lässt die Einheit Wir erkennen, dass Gott sein Volk sammelt. Wir wollen dem Einswerden des Volkes Gottes dienen und bleiben dabei in der Gemeinschaft mit der eigenen Kirche.
- Wir haben den Ruf gehört: „Europa steh auf!“ (12) Unser Miteinander setzt sich ein für Europa und für seine Einheit, um die christliche Seele Europas zu stärken. Das bedeutet auch, sich an politischen, kulturellen und sozialen Prozessen zu
- Wir arbeiten zusammen, wie in den Botschaften „Miteinander für Europa“ 2004 und 2007 versprochen wurde, wo und wann immer es möglich Dabei bleibt jede Bewegung oder Gemeinschaft sie selbst, das heißt treu gegenüber dem eigenen Charisma und der eigenen Berufung.
- Wir arbeiten auch für Projekte zusammen, die von einer oder mehreren Bewegungen oder Gemeinschaften verantwortet Die Zusammenarbeit dauert eine begrenzte Zeit, sie geschieht in Freiheit und den jeweiligen Möglichkeiten einer Bewegung oder Gemeinschaft entsprechend.
- Das Miteinander ist weder eine Organisation noch eine neue Struktur, sondern wir leben ein Miteinander von Freunden in Christus.
III. Trägerkreis «Miteinander für Europa»
- Zum Trägerkreis „Miteinander für Europa“ können Verantwortliche christlicher Bewegungen oder Gemeinschaften gehören, die bereit sind:
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das Bündnis der gegenseitigen Liebe mit den Mitgliedern anderer Bewegungen und Gemeinschaften zu leben,
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in der eigenen Gemeinschaft und Bewegung den Geist des Miteinanders auszubreiten,
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die Botschaften von Stuttgart 2004 und Stuttgart 2007 mitzutragen,
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dem Miteinander konkret auch mit dem Einsatz von Zeit und Ressourcen zu
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Sie sind mit der eigenen Kirche verbunden und begegnen den anderen Kirchen und Bewegungen mit Respekt und
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Im gemeinsamen Hören auf den Heiligen Geist erfahren sie Sein Licht, um die Zeichen der Zeit lesen zu können. Damit erfüllen sie einen prophetischen
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Mit jährlichen Treffen auf europäischer Ebene – zu denen das Leitungskomitee einlädt - fördern sie die Gemeinschaft im Trägerkreis „Miteinander für Europa“, halten sich gegenseitig auf dem Laufenden über die Entwicklungen im Miteinander und entscheiden über mögliche gemeinsame Initiativen.
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Im Bewusstsein, von Gott besondere Gaben erhalten zu haben, beschäfti- gen sie sich im Trägerkreis mit konkreten Herausforderungen Europas, um zu verstehen, wie ihre Charismen zum Wohl der Menschen fruchtbar eingesetzt werden können.
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Die Mitglieder des Trägerkreises „Miteinander für Europa“ sind auf nationaler Ebene die treibenden Kräfte für Gemeinschaft und Zusammenarbeit und sie organisieren nationale Zusammenkünfte.
IV. Leitungskomitee
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Die Mitglieder des Leitungskomitees sind in der Regel die Letztverantwortlichen einer Bewegung oder Sie werden vom Leitungskomitee selbst berufen. Wer nicht mehr diese Verantwortung innehat, kann im Leitungskomitee bleiben. Er/sie ist Zeuge/Zeugin der gemeinsamen Geschichte.
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Die Mitglieder des Leitungskomitees leben untereinander eine möglichst tiefe Gemeinschaft, damit es als Modell für alle anderen Formen des Miteinanders unter den Bewegungen und Gemeinschaften dienen Sie haben sozusagen eine „zweite Berufung“; das heißt, sie leben nicht nur für die eigene Bewegung oder Gemeinschaft, sondern sie dienen konkret dem Miteinander.
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Sie schützen und fördern auf diese Weise Geist und Zusammenarbeit wie sie in Absatz I und II beschrieben
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Das Leitungskomitee bereitet die Treffen des Trägerkreises „Miteinander für Europa“ Es begleitet mit Sympathie und ermutigt jede Initiative zum Miteinander in Europa und weltweit.
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Es entscheidet über die Zulassung neuer Mitglieder zum Trägerkreis „Miteinander für Europa“. Wenigstens zwei Mitglieder des Leitungskomi- tees müssen ihre Zustimmung geben, wenn ein/e neue/r Verantwortliche/r einer Bewegung oder Gemeinschaft eingeladen werden soll. Das Leitungskomitee wird vorher über die Einladung informiert.
Wir, die wir hier in Rom bei der Gemeinschaft Sant’Egidio, am 11. November 2009, zusammengekommen sind, bleiben verbunden im Bündnis der gegenseitigen Liebe und setzen den gemeinsamen Weg im vollen Vertrauen fort, dass der Heilige Geist uns auch weiterhin leitet.
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(2) Version vom 11. November 2009, www.together4europe.org
(3) Charisma: gr. wörtlich das Erfreuende, die Gabe, Begabung
(5) Joh 13,34
(6) Mt 18,20
(7) Vgl. Gal 6,2 und Phil 2,3b
(8) «Das Europa des Geistes beginnt dort, wo der Mensch sein Herz dem Wort Gottes gegenüber öffnet, oder besser gesagt, wenn er sein Herz wiederfindet und beginnt, nicht mehr für sich selbst zu leben. Die Bewegungen, die aus Männern und Frauen bestehen, die das Geschenk des Evangeliums empfangen haben, geben dieses Leben Europa weiter. Das hat viele Auswirkungen auf das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft: Es handelt sich um die Früchte des Geistes.» (Andrea Riccardi, Stuttgart, 8. Mai 2004)
(9) Vergleiche das Grusswort von Johannes Paul II an die Teilnehmer des Kongresses der kirchlichen Bewegungen (Rom, 27. Mai 1998; Libreria Editrice Vaticana). Unter anderem sagte er dort in bezug auf die institutionelle und charismatische Dimension der Kirche: «Beide sind gleich wesentlich für die göttliche Konstitution der Kirche, die von Jesus gegründet wurde.»
(10) Chiara Lubich, Stuttgart 12. Mai 2007
(11) 1 Kor 12,4-27
(12) Andrea Riccardi, Stuttgart, 8. Mai 2004